Die Sonne hat den Himmel verlassen. Es dämmert bereits am längste Abend des Jahres in entsetzlicher Kälte und eisigem Schnee. Ein kleines, verlorenes Mädchen mit bloßem Kopf und nackten Füßen geht entlang einer langen Straße. Einst hatte das Mädchen schöne Kleider, doch nun trägt es das Gewand des letzten Buben, der im Eibenhain begraben wurde. Sein Tod ist viele, viele Winter her. Bis vor Kurzem lebte das kleine Mädchen noch in jenem Wäldchen. Doch wie alles auf der Welt vergehen muss, so verging auch dieser Eibenhain. Er wurde geschlagen und die Krume umgegraben, um die hungrigen Mäuler der Städte zu füttern. Die Weberinnen, die Büchsenmacher und all die anderen Manufakturarbeiter in ihren engen Gassen, die vom matten Schein der Petroleumlampen erleuchtet werden.
Die Menschen der Umgebung erinnerten sich an jenen Eibenhain, der so endlos lange in vollkommener Stille dort stand. Ab und an erzählten sie die Geschichte des Mädchen, dem guten Geist, der dort hauste. Doch nun sind sie alt und ihre Kinder und Kindeskinder wollten nichts von den Greisen und ihren staubigen Geschichten mehr wissen. Die Jungen ziehen von dannen, auf der Suche nach Glück und Einkommen, oder der Krieg ruft sie zu sich.
Dahin zieht nun jenes kleine, verlorene Mädchen auf kleinen, nackten Füßen, die blau und steif vor Kälte sind. Schneeflocken bedecken sein langes, blondes Haar, das sich so schön im Nacken lockte, aber daran denkt es freilich nicht. Das Laufen fällt ihm schwer, es ist blass und seine Beinchen sind lange schon müde. Da lauscht es dem Wind und hört das helle Klingen der Glocken. Das fröhliche Läuten kommt von einen Bauwerk. Herab von einem hohen Turm mit einen Haus, alles ganz aus Stein gebaut, am Rande eines kleinen Ortes gelegen. Es muss ein Zauber auf diesem Ort liegen, denkt sich das Mädchen. Hastig rennt es die Straße entlang, auch wenn es ihr schwerfällt. Das Tor zu jenem Haus steht weit offen und Menschen strömen hinaus. Langsam geht das Kind auf die hohe Pforte zu und will in die Halle eintreten. Da tragen einige Männer auf ihren Schultern eine große, hölzerne Kiste heraus, Frauen folgen ihnen und weinen sich die Augen aus. Es folgt ihnen eine Gestalt, die erhaben aus dem Tore tritt, so wunderschön und doch so fremd mit Augen so dunkel wie die finsterste Nacht in der Sternen leuchten. „Es tut mir leid, das war der letzte Mensch, der an dich glaubte, ich gehe mit dir das letzte Stück des Weges.“ Die Beiden gehen entlang der Straße und mit jedem Schritt verblasst die Gestalt des Kindes. Sie selbst hat das Mädchen vergessen und die Welt etwas von ihrem alten Zauber verloren. Die Gestalt jedoch setzt ihren Weg fort zum Ende und zum Anfang.